Bio muss das zukünftige Konventionell sein und was ist überhaupt unter einer Bioregion zu verstehen?
Immer mehr Produzenten arbeiten nach den verschiedenen Biorichtlinien. Der einfachste zu erfüllende Standart ist das Basisreglement, dass mit dem grünen EU-Blatt gekennzeichnet wird. Nur sind diese EU-Richtlinien nicht viel mehr über den konventionellen IP-Richtlinien, der sogenannten integrierten Produktion, angesiedelt. Insbesondere wird in diesem Disziplinar keine Ganzbetrieblichkeit gefordert, sondern es ist möglich, Teile oder Einzellagen umzustellen. Das wirtschaftliche Risiko ist natürlich verständlicherweise geringer und in kritischen Klimabereichen macht es damit eine Umstellung leichter. Die privaten Labels wie die bioorganischen Prinzipien nach Bio Suisse oder Bio Austria etc. erfordern neben anderen gesetzlich strengeren Auflagen, insbesondere eine Ganzbetrieblichkeit. Das heisst, der ganze Betrieb muss nach diesem entsprechenden Standard umgestellt werden.
Disziplinare wie bei Demeter, das heisst was die biodynamische Produktionsweise betrifft, gehen in einzelnen Bereichen, vor allem in der Einhaltung von tieferen Grenzwerten bei den Dünge- und Spritzmittel, viel weiter. Zusätzlich wird die Stoffliste von chemischen Mitteln und Zusatzstoffen in der Produktion dieser Lebens- und Genussmittel nochmals drastisch eingeschränkt.
Auch beim Wein gibt es diese Unterschiede. Zusätzlich ist beim Wein bei den privaten Labels wie Ecovin in Deutschland zum Beispiel, die Zusatzstoffliste im Weinkeller deutlich eingegrenzt und die Grenzwerte von schwefliger Säure SO2 die zugesetzt werden darf auch um einiges tiefer. Der grosse Schweizer Biohandelsbetrieb Delinat hat eine der strengsten Auflagen überhaupt in diesem Bereich.
Immer mehr Betriebe stellen aus Erkenntnisgründen um, auch ohne sich dabei zertifizieren zu lassen. Viele stellen fest, dass Ihre Pflanzen, vor allem auch in den Dauerkulturen, immer kränker werden und insbesondere auch bei den Weinen einen zunehmenden Aromaverlust hinzunehmen ist. Gründe für eine Nichtzertifizierung sind der hohe administrative Aufwand und die Kosten, die sich vor allem in Kleinbetrieben nicht bewältigen lassen.
Es gab und gibt immer wieder Fälle, in denen berichtet wird, dass Biolebensmittel mit illegalen Stoffen kontaminiert sind oder die Grenzwerte der zugelassenen Stoffe überschritten wird. Das stösst bei den Konsument/innen natürlich auf Fragen, die zu Aussagen verleiten lassen, das Bio nur ein teurer Bluff sei.
Das ist natürlich keineswegs so, denn es ist immer wieder beweisbar, dass die Pestizidrückstände bei Bioprodukten wesentlich tiefer sind, als bei vergleichbaren Produkten aus der konventionellen IP-Landwirtschaft. Das Problem verschärft sich zusätzlich, dass nicht der einzelne Stoff das grosse Problem darstellt, sondern, und das insbesondere auch für die Bienen, der Pestizid-Mix sowie die Begleitstoffe und Haftmittel das eigentliche Problem darstellen. Es sind vor allem die interaktiven Stoffwechselkaskaden zwischen den einzelnen Wirkstoffen, die Metaboliten produzieren können, die grosse Schäden verursachen. In Deutschland wurde aus solchen Gründen vor einigen Jahren im Boden bei einer Probe plötzlich wieder Dioxin gefunden – ein Stoff der seit Jahrzehnten verboten ist. Dieses Dioxin ist aus solchen Stoffwechselkaskaden entstanden.
Ein Obst- und Weinbauer in der Nähe von Winterthur berichtet von einem beweiskräftigen Totalschaden an den Reben einer ganzen Anlage, wo durch solche Metaboliten eine DNA-Schädigung in den Knospen dieser Anlage stattgefunden hatte. Diese Reaktionen wurden durch bestimmte Temperaturen und Feuchtigkeiten, also durch bestimmte mikroklimatische Bedingungen ausgelöst, die so im Labor der Chemiefirmen kaum getestet werden können.
Durch solche Fakten ist somit auch eine Koexistenz von konventionellen Lagen und Bioanlagen auch rein durch die stattfindende Spritzmittelabdrift unmöglich. Randpartien werden deshalb auch von seriösen Winzern wie bei Besson-Strasser aus Uhwiesen im Zürcherischen Weinland nicht mitverarbeitet. Was natürlich einen Verlust darstellt, der nicht entschädigt wird. Aus den gleichen Gründen ist auch eine Koexistenz von GVO-freien Pflanzen und solchen die aus Genmanipulation entstanden sind unmöglich. Weil die Auskreuzung in den nahe stehenden Pflanzen nicht verhindert werden kann. Genug tragisch, dass auch eine Auskreuzung in die benachbarten natürlich verwandten Arten ebenso nicht ausgeschlossen werden kann. Das mit ein Grund, neben den Produktionsanlagen, dass die Kontaminierung von GVO-freien Lebensmitteln nicht mehr ausgeschlossen werden kann und somit die EU einen 0.9% GVO-Toleranzwert in solchen Lebensmitteln zulassen musste.
Grund genug auch für unser Projekt, in der Schweiz eine Vorzeigeregion als Bioregion einzurichten, wo solche Koexistenzen dann ausgeschlossen werden können. Eine Bioregion anhand von ausländischen Beispielen wie die Ökoregion um Kaindorf in der Steiermark oder in der Toskana beim Projekt Biodistretto del Chianti gibt es bis anhin in der Schweiz nicht. Solche Bioregionen lassen sich natürlich auch als ganzheitliche Projekte zum Tourismus und der ansässigen Gastronomie in Verbindung bringen.